Der aus Südtirol stammende, seit längerem in Wien lebende Oswald Egger (geboren 1963) ist ein Wörtersammler am Ursprungsort der Poesie. Er hört dem Klang der Dinge nach, spürt ihre archäologischen Zusammenhänge auf, verweht sie zu einem poetischen Universum, dessen einzelne Teile in einem Ganzen aufgehen und sogartig einen Hallraum erzeugen, der die Grenzen der Sprache ausschreitet und über sie hinaus will. Präzision und Phantasie treffen sich im Vers.Im Webmonat, Licht-trunken unterZiegel und Zelt, sollst duKrapp-Aprikosen essen.Zu Unmond Markasit, Ingwerund Bitterdinge wirst duvom Strählherd schälen, Kolo-quinte LichtkieselKampfer und Galgant undFlockenfrüchte werdenDostmonate übersiebeln dieJuten Fächerblatt-Facetten.Und Kurkuma-Kürbisse essensollst du, Palmyra, mein Tunwirrt um, Rinden, Haut-graubeMilch-fast Quitten-Blüten.
»Wenn ich Eggers Anliegen richtig verstehe, denn das, was er schreibt, soll zeigen, will gesehen, gehört werden [...], versucht er für die Sprache das an (Oberflächen-) Struktur, die alle Sinne anspricht, zurückzugewinnen, was ihr (von mehr oder weniger Denken geleiteter Alltags-) Gebrauch verschluckt hat, bzw. mit Sprache- und Bild Strukturen einzufordern, die der auf den Nutzen gerichteter Alltagsblick übersieht. [...] Man sollte die Pointe nicht überlesen, das die verduftenden Öle, der ganze arabeske Zauber Suleikas in den Waren-Körben der Weltbörsee endet. Obersatz, Gedichtstrophen und Kommentar unterlaufen einander oder laufen im Wiederaufnehmen der Eggerschen Schlüsselwörter (Herde, Rede, Erde ... ) ineinander über; so bleibt auch in diesem Buch Eggers das poetologische Sprechen eng mit dem Dargestellten selbst verwoben. [...] Die Not, die dem Wissen um das, was sich nicht ändern läßt, entspringt, treibt die schönsten Formen.«
Autorentext
Oswald Egger wurde 1963 in Lana/Südtirol geboren. Seine Prosa und Gedichte sind in mehrere Sprachen übersetzt und wurden vielfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Ernst-Jandl-Preis für Lyrik 2019. Seit 2011 ist er Professor für Sprache und Gestalt an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. 2014 erhielt er das Villa-Massimo- Stipendium, 2020 das Robert-Musil-Stipendium. Oswald Egger lebt und arbeitet auf der Raketenstation Hombroich.