Wenn die Polizei versagt, ist er zur Stelle. Und für ihn gibt es nur eine gerechte Strafe: den Tod.
Chengdu, Provinz Sichuan: Der gefürchtete Killer Eumenides hat sich zusammen mit seinem letzten Opfer in die Luft gesprengt. Der Albtraum scheint endlich vorbei. Doch als zwei Studenten eine Todesankündigung wie die von Eumenides erhalten und kurze Zeit später ermordet werden, ahnt Hauptmann Pei Tao, dass der Serienmörder schon vor langer Zeit vorgesorgt hat. Offenbar gibt es einen zweiten Killer, der nun Eumenides' Mission unter dessen Namen unerbittlich fortführt. Pei Tao, Leiter des Sondereinsatzkommandos 18/4, und sein Team heften sich an die Fersen des neuen Eumenides, der seinem Meister in nichts nachsteht. Ein perfides Spiel beginnt, das weitere Opfer fordert und mehr als nur ein schmutziges Polizeigeheimnis ans Licht bringt ...
Zhou Haohui wurde 1977 geboren und lebt in Yangzhou in der Provinz Jiangsu. Seine 18/4-Trilogie wurde als Streaming-Serie und fürs Kino verfilmt sowie international verkauft.
»Ein überaus spannender und raffinierter Thriller voller falscher Fährten.« (The Times)
Autorentext
Zhou Haohui wurde 1977 geboren und lebt in Yangzhou in der Provinz Jiangsu. Seine 18/4-Trilogie wurde als Streaming-Serie und fürs Kino verfilmt sowie international verkauft.
Leseprobe
KAPITEL EINS
DER NEUE HAUPTMANN
26. Oktober, 09 : 25 Uhr
Die Überreste des Jade-garten
Seit die Explosion das Restaurant zerfetzt hatte, war ein ganzer Tag vergangen. Dennoch hing noch immer eine Aura aus Rauch und Tod über der Ruine. Mehr als zwanzig Feuerwehrleute waren zwischen den Trümmerhaufen aktiv, wuchteten mit schwerem Gerät halbe Ziegelwände und große Betonbrocken beiseite. Zwischen den rot gewandeten Gestalten huschten einige wenige umher, die ganz in Weiß gekleidet waren. Sie arbeiteten paarweise und hatten große schwarze Plastiksäcke dabei. Dann und wann unterbrachen sie die Arbeit der Feuerwehrleute für einen kurzen Moment - die Männer in Weiß traten an die Rettungskräfte heran, sammelten mehrere Objekte aus den Trümmern auf und ließen sie in die Plastiksäcke gleiten. Ihre ernsten, feierlichen Mienen wirkten beinahe maskenhaft.
*
An den Kreuzungen entlang der Xingcheng-Straße ragten die Bürotürme in endlosen Reihen empor. Hoch oben in einem dieser Gebäude befand sich ein junger Mann, der das Szenario rund um die Ruine durch ein Teleskop betrachtete. Er konzentrierte sich auf jedes Detail, das sich vor seinen Augen entfaltete. So sah er auch, dass es sich bei den Objekten, welche die Männer in Weiß - Forensiker der Provinzpolizei - in ihren Plastiksäcken verstauten, um verstreute menschliche Körperteile handelte.
»Mentor«, murmelte er kaum hörbar. Heftige Emotionen zeichneten sich in seinem Gesicht ab. Trauer und Bitterkeit, überlagert von bodenloser Verwirrung.
Sein Mentor hatte ihn verlassen. Trotz all der Versprechungen, die ihm der vernarbte Mann zwei Nächte zuvor mit auf den Weg gegeben hatte, konnte er sich des Eindrucks kaum erwehren, dass sein ganzes Leben ebenso in Trümmern lag wie das Restaurant dort unten. Wer, so dachte er, außer dem Vernarbten, sollte all die Rätsel lösen, die an seinem Verstand nagten?
Du wirst diesen Weg beschreiten. Es ist dein Schicksal, hatte sein Mentor gesagt.
Er wusste, er würde seinen Weg nicht verlassen.
*
28. Oktober, 15 : 17 Uhr
Hotel tausend gipfel
Das luxuriöse Hotel lag in einem besonders lebhaften Viertel der Provinzhauptstadt. Als Fünfsternehotel war jeder Winkel der sechsunddreißig Stockwerke der Perfektion so nah wie irgend möglich.
Soeben betrat Wu Yinwu eine der Suiten im obersten Stock. Er war vollkommen überwältigt. Derartigen Luxus hatte er in seinen achtundfünfzig Lebensjahren noch nie erblickt. Als er sich auf dem weichen Sofa aus echtem Leder niederließ, fühlte er sich von der schieren Opulenz des Raums beinahe erschlagen. Er legte die Hände auf die Knie und setzte sich vorsichtig wieder auf, als fürchte er, das prachtvolle Sofa durch Fläzen zu beschädigen.
Zwei junge Männer und eine Frau im Highschoolalter befanden sich mit ihm im Raum. Ein Blick reichte aus, um sie als das zu klassifizieren, was die meisten Eltern wohl »Tunichtgute« genannt hätten. Auch sie begafften die ungewohnte Umgebung, zeigten dabei allerdings keine Spur von Wus Zurückhaltung. Wenn sie nicht gerade kreuz und quer durch die Suite rannten, sprangen sie über Möbelstücke oder spielten an dem gewaltigen Flachbildfernseher herum, der fast eine ganze Wand einnahm.
Einer der jungen Männer trug einen großen goldfarbenen Ohrring. Er schien des Herumtollens bereits etwas überdrüssig und ließ sich auf das Sofa gegenüber der Eingangstür fallen.
»Scheiße, fühlt sich das gut an«, sagte Goldohrring und kicherte boshaft.